Die ganze Zeit überlege
ich, woran mich die Monate hier erinnern, inzwischen weiß ich, dass es sich nur
um ein gut inszeniertes Theaterstück handeln kann. Nur leider wird es jetzt am
Ende tatsächlich so dramatisch, wie es sich die Zuschauer die ganze Zeit
gewünscht haben. An unerfüllte Liebe und die Intrigen hatten sich die
Beobachter gerade gewöhnt, aber dass jetzt auch noch Gevatter Tod seine Rolle
spielen musste, macht mich wirklich traurig. Antonio ist mein bester Freund
hier am Strand, wir haben uns von Anfang an ausgezeichnet verstanden, viel
gelacht aber auch ernsthafte Gespräche geführt. Vorgestern Morgen haben wir uns
unter Tränen verabschiedet, weil seine Schwester an einer schweren Krankheit
verstorben ist und er nach Golfito zur Beerdigung gefahren ist. Seine Schwester
kenne ich nur von Bildern, aber allein die Tränen in seinen Augen haben mich
den ganzen Vormittag nicht wieder zur Ruhe
kommen lassen. Rosi war auch ziemlich traurig.
Eher geistesabwesend habe
ich mit Fabiana das Praktikantenzimmer für den neuen Studenten geputzt. Es hat
sich vor wenigen Tagen herausgestellt, dass ich den nächsten Praktikanten
(Emanuel) kenne, weil wir zusammen in Hamburg Biologie studiert haben. Vorgestern
Nachmittag habe ich mit Emanuel eine Tour in den Wald gemacht, um ihn auf die
kommenden Wanderungen vorzubereiten. Bin mal sehr gespannt was er hier so erlebt.
Die große Abschiedsfeier
am Mittwoch war überragend. Alle (Antonio, Melvin, Jeffrey, Diego, Alex, Rosi
und Fabiana) waren noch mal zusammen am Strand und es gab ein großes
Lagerfeuer. Ich hatte am Vortag sechs Makrelen zum Grillen gefangen und Rosi hat
noch etwas Schweinefleisch organisiert. Als Beilagen gab es Yuka (Maniok) und
Platanos (Kochbananen). Fabi hatte eine große und wirklich liebevoll verzierte
Torte für mich gebacken. Den teuersten Kasten Bier meines Lebens (48$) hab ich
gern für diesen besonderen Abend ausgegeben. Zur spanischen Musik haben wir bis
weit nach Mitternacht gefeiert, getanzt, gelacht und erzählt. Das
obligatorische letzte Bad im Golfo Dulce durfte natürlich auch nicht fehlen.
Und so ging diese wirklich schöne Zeit hier dem Ende entgegen. Gestern bin ich
nach Golfito und von da nach San José gefahren. Morgen fliege ich dann nach
Nicaragua.
Vor der Abfahrt nach San
José habe ich Rosi und Melvin noch mal im Samoa del Sur, einem kleinen
Restaurant in Golfito getroffen. Nach den letzten Abschiedsfotos war die Zeit
in der Lodge dann tatsächlich vorbei. Vielleicht sieht man ja den Einen oder
die Andere noch mal wieder.
Der Bus nach San José kam
pünktlich und so konnte die Fahrt über den „Cerro de la muerte“ (wörtl. Hügel
des Todes) starten. Erst auf der letzten Teilstrecke konnte man erahnen woher
der Name kommt. Ich hatte auch noch ausgerechnet den Platz in der ersten Reihe
und konnte/musste den Fahrer und seine Fahrkünste die ganze Zeit beobachten.
Die Serpentinen durch die Berge laden schon bei Helligkeit und guter Sicht
nicht wirklich zum Überholen ein aber bei Nebel und Dunkelheit braucht man
schon ein gewisses Gottvertrauen um den Versuch zu starten. Die junge Frau
neben mir hat seelenruhig geschlafen. Wie der Fahrer den vollbesetzten Reisebus
den Berg hoch geprügelt hat war schon sehr beeindruckend, ein Rallye-Fahrer
hätte das nicht besser hinbekommen. In den Berg sank die Außentemperatur auf
winterliche 15°C und wurde auch bis San José nicht mehr wärmer. Nach drei
Monaten in T-Shirt und kurzer Hose musste ich tatsächlich das erste Mal einen
Pullover anziehen.
Ab morgen wird es wieder
wärmer.
Nicaragua ich komme!!
Ps.: San José hat auch als Hauptstadt des reichsten Landes Zentralamerikas so seine Schattenseiten. Nicht jede Gasse die ich heute gesehen habe würde ich in der Nacht wieder aufsuchen.
Schönes Feuer und schöne Abschiedsfeier
Ein letztes Mal in den Arm nehmen.
Emanuel, der neue Praktikant
Rosi und ich im Samoa
Melvin
San José
San José
San José
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