Dienstag, 25. März 2014

Der Endgegner - Cerro Chirripó



4:30 und der Wecker reißt mich aus meinem Schlaf. Kurz darauf ist auch Alina wach, denn der Berg ruft. Die ersten zwei Kilometer führen durch den Ort San Gerado de Rivas und im Übernachtungspreis ist der Transport zum Start des Wanderwegs inbegriffen, also bringt uns der Hotelbesitzer über die Schotterpiste bis zum Fuß des Berges. Die ersten 7 Kilometer laufen sich so weg aber leider finden Alina und ich kein gemeinsames Tempo und so laufe ich einen halben Kilometer vor, um dann ein Weilchen auf sie zu warten. Das funktioniert ganz gut und so erreichen wir gemeinsam den ersten Zwischenstop. Nach einem kleinen Frühstück geht’s auf die wirklich harte Strecke in Richtung base camp. Etwa zwei Kilometer vor der Herberge ist die Baumgrenze erreicht und ein paar Wolken ziehen über den Weg vor uns. Auf dem Berg hat es scheinbar vor einiger Zeit heftig gebrannt, deshalb stehen von den wenigen Bäumen auch nur noch verbrannte Skelette. Die letzten Kilometer waren unglaublich anstrengend, weil der Weg immer steiler wurde und die Kräfte langsam nachließen. Aufmunternde Sprüche am Wegesrand haben die letzten Reserven aufgeweckt. Nach dem Motto: „Vertraue deiner Stärke und du wirst es schaffen - das Ziel ist nahe!"
Tatsächlich  hat es geholfen und wir sind bei der Herberge angekommen. An dem Nachmittag war uns nicht mehr wirklich nach Wandern zu mute, also haben wir wieder mal Toast mit Avocado gegessen und uns gedanklich auf den nächsten Morgen vorbereitet. Es gibt zwei Gruppen von Wanderern, die einen bringen alles was sie brauchen selbst den Berg rauf und ernähren sich deshalb von Avocado, Käse, Toastbrot und Erdnüssen, die andere Gruppe lässt ihr Gepäck und die Nahrungsmittel von Pferden bis ins Basislager bringen. Wenn dann abends die engagierte Köchin das Drei-Gänge-Menü zubereitet und die Herberge mit Knoblauchduft erfüllt, sollte man sich schnell zurückziehen, um das Leiden zu minimieren. Wenn man dann bei klirrender Kälte in seinem selbst getragenen Schlafsack einschläft, weiß man, dass man es ganz allein geschafft hat.
Morgens 3:00 klingelt der Wecker erbarmungslos. Der Aufstieg vom Basislager bis zum Gipfel nimmt noch einmal etwa zwei Stunden in Anspruch und den Sonnenaufgang auf dem höchsten Punkt Costa Ricas möchte man ja auch nicht verpassen. Aus dem warmen Schlafsack geht’s in die Kälte und Dunkelheit hinaus und erst nach dem ersten Kilometer reicht die vom Körper produzierte Wärme, um auch die Finger mit warmem Blut zu versorgen. Die Sterne und der Mond reichen nahezu aus, um den Weg zu weisen. Auf dem letzten Kilometer bis zum Gipfel beginnt das Morgengrauen und der Gipfel rückt in greifbare Nähe. Auf dem letzten steilen Anstieg spürt man, wie wenig Sauerstoff die Luft hier oben enthält und die Kälte brennt in der Lunge, aber das Ziel ist nahe.
Geschafft!!!
Einige andere Bergsteiger warteten schon gespannt auf den Sonnenaufgang und mit einem Jubelschrei gesellte ich mich zu ihnen. Als dann die ersten wärmenden Sonnenstrahlen über den Horizont traten, wusste ich, warum ich die Strapazen auf mich genommen hatte. Nach dem Eintragen ins Gipfelbuch und einigen Gipfelfotos ging’s zurück zum Basislager, denn der Wind war eisig und die Finger waren schon wieder kaum zu spüren.
Zurück in der Herberge musste ich leider feststellen, dass mein Schlafsack und ein Teil unserer letzten Ration von den Trägern mit ins Tal genommen wurden. Ein junger Kalifornier gab uns eine Paprika und mit Toast und Erdnüssen aus Alinas Rucksack reichte die  Energie für den Marsch ins Tal. Auf dem Weg lagen unheimlich viele Pferdeäpfel von den armen Trägergäulen, die Millionen von Fliegen ernähren, die einem in die Augen, Ohren und den Mund fliegen. Also wird man wieder mal bestraft für seine einfache Wanderung mit einem kleinen Rucksack ohne die Hilfe von Trägern. Die 15 Kilometer bis ins Dorf führten steil bergab und am Schluss schmerzten die Knie und die Oberschenkel brannten, aber es war geschafft und der Berg endgültig besiegt.
Inzwischen ruhen wir uns bei einem netten Host in San Isidro aus und schmieden neue Pläne. Die beiden Kinder von Pierre und Arine, Tristan und Eroy, erinnern mich sehr an meine zwei Lieblingscousins, nur dass sie noch mehr Schaden machen. Der Spaß mit den beiden ist also vorprogrammiert.

Ein letztes entspanntes Foto bevor die Strapazen beginnen.

Rötliches Torfmoos Sphagnum rubellum

Ein costaricanisches Eichhörnchen

Einfach mal den Waldboden genauer anschauen.

Eine kleine Pause im Moos

Baumskelette im Nebel


Kurz vor dem Sonnenuntergang in 3300 Metern Höhe

Sternenhimmel am Morgen des Aufstiegs zum Gipfel

Glücklich!

Sonnenaufgang auf dem Cerro Chirripó

Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen

Mein Winter für dieses Jahr

Die Trägergäule

Ich hab noch nie so geschwitten

Ein riesiger Nachtfalter. Rothschildia cf. orizaba

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